Fünf Lagerlogistik-Tipps für Versand-Peaks im E-Commerce
Wie Du planbare und unvorhersehbare Peak-Phasen meisterst und gleichzeitig Deine Kunden glücklich machst.
Nahezu jedes E-Commerce Unternehmen muss mit Versand-Peaks umgehen – Stoßzeiten, an denen Online-Händler bis zu ein zehnfaches des „normalen“ Tagesumsatzes realisieren. Viele Händler können fernab von Stoßzeiten sehr gut mit ihrem täglichen Versandvolumen umgehen und entsprechend die Erwartungen ihrer Kunden erfüllen. Sobald Versand-Peaks anstehen, haben allerdings sehr viele Unternehmen mit Herausforderungen zu kämpfen: Die Kosten der Auftragsabwicklung steigen extrem an, oft sind Personalmangel, zu geringe Vorausschau und der fehlende Einsatz von IT-gestützten Lagersystemen Gründe dafür, dass Artikel, die von Kunden online bestellt werden, entweder nicht im Lager verfügbar sind oder gar falsche Artikel das Lager verlassen – ein „Supergau“, denn das schafft nicht nur unzufriedene Kunden, sondern treibt die Kosten weiter nach oben.
Mit den folgenden fünf Schritten kannst Du vorhersehbare und unvorhersehbare Stoßzeiten meistern und gleichzeitig Deine Kunden glücklich machen:
1. Analysiere frühere „Peak-Seasons“
Zunächst solltest Du Dir ein Bild von früheren Versandpeaks machen: Wie oft und wie hoch waren jeweils die Spitzen? Gab es eine Veränderung innerhalb der letzten 2-3 Jahre? Idealerweise dokumentierst Du Umsatzspitzen und führst diese auch auf bestimmte Ursachen (z. B. Cyber Monday, Black Friday) bzw. eigene Marketing Kampagnen zurück.
Gibt es bestimmte Artikel bzw. Sortimentsbereiche, welche bei Peaks gut verkauft wurden, welche wurden häufig retourniert und warum? Waren diese Artikel auch ausreichend verfügbar, bzw. hätten möglicherweise mehr verkauft werden können, wenn eine noch bessere Verfügbarkeit sichergestellt gewesen wäre? Wie stark hat ein Versand-Peak die Durchlaufzeit der Bestellungen im Lager verändert? Welcher personelle Mehraufwand musste geleistet werden, um das erhöhte Bestellaufkommen abzuwickeln? Haben z.B. Mitarbeiter aus anderen Bereichen auch mit im Lager gepickt und verpackt und konnten sich somit nicht ihren eigentlichen Hauptaufgaben widmen?
Wie viele Fälle von unzufriedenen Kunden lassen sich dokumentieren? Wie viele Falschsendungen haben das Lager verlassen und so unnötige Mehrkosten verursacht? Bedenke hierbei, dass jedes falsch verschickte Paket im Durchschnitt etwa 15 bis 20 Euro Kosten verursacht. 1
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Mittlere Prozesskosten einer Rücksendung in Abhängigkeit der Retourenanzahl
2. Bereite Dich – wenn möglich – für die nächste Hochsaison vor
Starte mit einer soliden Planung in die nächste Hochsaison. Kurzfristig können Saisonkräfte z. B. über Personalagenturen akquiriert werden. Tipp: Auch an Hochschulen oder eventuell sogar im Bekanntenkreis lassen sich oft Aushilfskräfte finden. Plane Trainings ein, um die „Neuen“ schnell einzulernen. Wichtig ist hierbei: Je einfacher die Prozesse und Arbeitsabläufe, desto schneller sind diese Kräfte einsatzbereit.
Wenn Du in Deiner Analyse ausgewertest hast, welche Artikel sich gut verkauft haben und auf welche Marketing-Aktionen Du künftig setzen willst, stelle auch entsprechend sicher, dass diese Artikel verfügbar sind. Tipp: Frage Deine Lieferanten, ob es möglich ist Artikel „On Demand“ bei ihm zu bestellen. Du kannst dadurch von einer Senkung der Lagerkosten profitieren, in dem Du nicht alle Artikel auf Lager vorhalten musst.
Stelle sicher, dass Arbeitsabläufe im Lager skalierbar sind. Bereite demnach Dein Lagerlayout so vor, dass Du auch auf unvorhersehbare Peaks kurzfristig reagieren kannst und ein effizientes Arbeiten gewährleistet ist.
Um Deinen Kunden einen schnellen bzw. taggleichen Versand anbieten zu können, vereinbare mit Deinem Versanddienstleister spätere Cut- Off Zeiten. So kannst Du mehr Sendungen am selben Tag an Ihren KEP übergeben und trotzdem Dein Versandversprechen Deinen Kunden gegenüber einhalten.
Zusätzlich kannst Du über Dropshipping Dein Artikelsortiment ausweiten, ohne langfristig in zusätzliche Lagerkapazitäten zu investieren und Bestellungen entsprechend direkt über den Lieferanten per „Direct Fulfillment“ verschicken lassen:
Kostengünstige Erweiterung des Artikelsortiments per Dropshipping
3. Steigere die Produktivität bei der Kommissionierung
Je nachdem über welches Artikelsortiment und Bestellverhalten Du verfügst, so kannst Du mit der richtigen Kommissionierungsstrategie und durch den Einsatz von barcodegestützten Prozessen sowie durch das Automatisieren von immer wiederkehrenden Arbeitsabläufen sehr viel Zeit sparen und dadurch Durchlaufzeiten verkürzen. Damit profitierest Du nicht nur von schnelleren Versandzeiten sondern reduzierst gleichzeitig Kosten und steigerst Deine Kundenzufriedenheit.
Hast Du z. B. viele kleine Artikel pro Bestellung, lässt sich über eine wegeoptimiert angeordnete Pickliste pro Auftrag bereits wertvolle Zeit sparen. Wenn Du viele Aufträge mit wenigen Artikeln oder sogar nur mit einem Artikel erhälst – z. B. T-Shirts, Schuhe oder andere Textilien, so erreichst Du mit einer Sammelkommissionierung deutlich bessere Versandperformance. Deine Picker sparen unnötige Wege ins Lager und zurück, weil sie z. B. für 10-30 Bestellungen laufwegsoptimiert von einem MDE (mobiles Datenerfassungsgerät) durch die Lagergänge zum Picken von Artikeln geleitet werden.
Wenn Du viele unterschiedliche Bestelltypen verarbeitest, hilft ein Kategorisieren und systematisches Abarbeiten. So sollten z. B. zunächst Eilaufträge vor regulären Bestellungen gepickt bzw. Bestellungen mit großen, schweren Artikeln über einen anderen Ablauf kommissioniert werden als kleinteilige Bestellungen. Auch wenn Du gleichzeitig Bestellungen von mehreren Verkaufskanälen verarbeitest, sollten unterschiedliche Sprache, Absender und Branding entsprechend automatisiert angepasst werden können. Eine systembasierte Auftragsabwicklung unterstützt Dich hierbei zusätzlich durch den automatisierten Versand von E-Mails an den Kunden, etwa zu Bestell- oder aktuellem Versandstatus, die in der jeweiligen Landessprache des Kunden und mit dem korrekten Shop-Logo bzw. Branding versehen sind. Dies hilft dabei, Anfragen von Kunden zum Bestellstatus zu reduzieren.
Wenn Du viele Artikel „On-Demand“ bei Deinen Lieferanten bestellest, kannst Du nicht nur Lagerfläche durch eine Just-in-time Anlieferung zu sparen. Zusätzlich kannst Du durch einen systemgestützten Cross Docking Workflow die Durchlaufzeiten erhöhen, indem Artikel für die bereits Kundenbestellungen vorliegen nicht erst eingelagert, sondern direkt zum Versandplatz gegeben werden.
Gegenüberstellung von Kommissionierungsarten als Tabelle
4. Sei Dir eines erhöhten Retouren-Aufkommens bewusst
Als Teil Deine Peak-Analyse hast Du häufig retournierte Artikel identifiziert und evtl. aus dem Sortiment genommen oder Produktbeschreibungen aktualisiert.
Während versandintensiver Zeiten solltest Du stets ein erhöhtes Retourenaufkommen, vor allem in Bezug auf Nachbestellungen bei Lieferanten, mit einplanen. Dabei gilt es sicher zu stellen, dass Du durch einen effizienten Retourenprozess vereinnahmte Waren schnell wieder weiterverkaufen können. Maßgeblich wichtig ist dabei, eine schnelle Entscheidung über die Qualität der Rücksendung zu treffen. Ware, die einwandfrei ist sollte sofort wieder in den Verkaufsprozess eingegliedert werden. Retouren mit Ware hingegen, die nicht mehr verkauft werden kann, lässt sich somit ungestört vom Peak verarbeiten.
Die Verwendung von mobilen Datenerfassungsgeräten mit integriertem Barcode Scanner trägt dazu bei, dass Lagerbestände akkurat und fehlerfrei geführt werden können. Doch der Einsatz von barcodebasierten Arbeitsabläufen lohnt noch mehr: Durch das zusätzlich Scannen von Vorgängen, können z. B. bei eingehenden Retouren, im Hintergrund weiterführende Prozesse angestoßen werden, beispielsweise das automatische Bestandsupdate an Verkaufskanäle für retournierte Artikel, die wieder in den Verkauf gehen können.
Retoure dokumentiert mit Foto zur Weiterverarbeitung
5. Biete Deinen Kunden ein ausgezeichnetes Kundenerlebnis
Wenn Du Artikel im Online-Shop als verfügbar und sofort lieferbar anzeigen lässt, solltest Du diese auch liefern können. Ist dennoch Ware einmal nicht lieferbar, so ist eine proaktive Kommunikation mit dem Kunden essenziell und trägt zum positiven Kauferlebnis bei. Keine aktive Kundeninformation hat oft einen vielfach negativen Effekt. 9 von 10 unzufriedenen Kunden retournieren ohne Angabe von Gründen und kaufen stattdessen bei Deinem Konkurrenten. 2
Biete zusätzliche Versandoptionen an, die für den Kunden einen Mehrwert darstellen und die auf seine aktuelle Bestell-Situation abgestimmt sind. Biete z. B. ein Aufstell-Service für eine Waschmaschine oder einen TV bzw. einen Rücknahme Service von alten Geräten bzw. Retouren an.
Neben dem Standard-Versand innerhalb von 1-2 Tagen kannst Du Deinen Kunden auch Express-Optionen bzw. die Zustellung innerhalb bestimmter Zeitfenster oder Same/Next Day Lieferung Services anbieten. Achtung: Hierfür ist eine besonders tiefe und automatisierte Integration mit Deinem Versand- bzw. Kurierdienstleister notwendig. Einige Händler knüpfen mittlerweile die versandkostenfreie Lieferoption an eine etwas längere Lieferzeit. Dies ist eine Möglichkeit, auch intern die Planungssicherheit zu erhöhen und Versandspitzen zu mindern.
Versende das, was der Kunden bestellt hat, und halte Dein Versprechen: Präzision im Versandprozess reduziert außerdem unnötige Handlingskosten, wie in etwa intern anfallende doppelte Versandkosten sowie Rücksendekosten plus interne Ein- und Auslagerungskosten.
Halte Deine Kunden up-to-date: Sobald Dein Kunde bei Dir bestellt hat, wartet er auf seine Lieferung. Verkürze ihm die Wartezeit, in dem Du ihn über alle wichtigen Statusänderungen auf dem Laufenden hältst.
Konzentriere Dich voll und ganz auf Deine Kunden. Stelle Dich zu Stoßzeiten auch auf ein erhöhtes Aufkommen im Kundenservice ein bzw. setze durch optimierte Lagerprozesse freigewordenes Personal ein, um Kundenanliegen schnell zu bearbeiten und klären zu können.